Als ich am Flughafen in Lima aus der Maschine steige ist es unerwartet kühl. Hier beginnt gerade der Frühling und die Temperaturen steigen langsam. Es ist dennoch hauptsächlich bewölkt, über dem Land liegt etwas wie ein leichter Nebel, Wolken vielleicht, es kann aber auch an dem Smog in der Megastadt liegen. Lima hat fast 10 Millionen Einwohner. Riesige Straßenzüge durchziehen die Hauptstadt wie Nervenbahnen, vierspurig, fünfspurig, sechsspurig, man weiß es nicht so genau, weil die Autos, Kombis und Kleinlaster sich nicht an die verblassten Straßenmarkierungen halten. Man sagt, wenn man in Lima Auto fahren kann, kann man überall fahren (außer in Indien vielleicht) vielleicht).

Die Taxifahrt vom Flughafen zum Hotel führt durch heruntergekommene Industriegebiete, schicke Wohngegenden und entlang des langen Küstenstreifens nach Miraflores, den touristischen Stadtteil Limas. Die, die es sich leisten können, wohnen und arbeiten hier. Durchgestylte Restaurants mit deutschen Preisen und einer umfangreichen Speisekarte reihen sich an Banken, Hochhauskomplexe, Einkaufszentren, Cafés. Dazwischen kleine Parks, hier und da Palmen und englischer Rasen. Oben entlang der Steilküste verläuft die Promenade von Miraflores. Touristen (ein paar Weiße,, aber hauptsächlich Latinos) schlendern an ihr entlang, schießen Fotos und warten auf den Sonnenuntergang. Über uns kreisen Paraglider, uns zu Füßen breitet sich der Pazifik aus wie ein seidener Teppich. Tiefes Blau durchzogen von weißen Streifen, in denen dutzende Surfer auf die perfekte Welle warten. Nur wenige Minuten dauert es, bis die Scheibe vom Horizont verschluckt ist und sich ein grauer Schleier über die Stadt legt. Um 19 Uhr ist es dunkel und es wird noch mal merklich kühler.

Ich bin müde. Die anderen auch. Nach insgesamt 32 Reisestunden sitze mit drei anderen Backpackern im „Sophie" in der Nähe unseres Hostels. Anstatt zu dem günstigen China-Imbiss um die Ecke zu gehen, entscheiden wir uns für das teure Restaurant mit peruanischer Küche um die andere Ecke. Nun steht vor mir ein Teller "Ají de Gallina“ (Hühnchen in Chili-Marinade auf Reis) und ein süßliches Bier aus Huaraz im Anden-Hochland. Lecker!

Bernd und Lukas aus Deutschland und Lea aus Österreich lerne ich am Flughafen von Panama City kennen. In Frankfurt sind wirgestiegen, zusammen mit einem Haufen Pauschal-Touristen, die sich offensichtlich dafür entschieden hatten ihren Jahresurlaub in der Dominikanischen Republik zu verbringen. In deren Hauptstadt nämlich, Santo Domingo, legten wir einen Zwischenstop ein. In deren Hauptstadt nämlich, Santo Domingo, legten wir einen Zwischenstop ein. Während diese in Santo Domingo aussteiegen und sich vom Taxis in ihre All-Inklusive Hotels bringen ließen, bleieben wir Weiterreisenden sitzen und warteteten darauf, dass die Maschine vollgetankt wird und wir weiterfliegen können. Für die nächsten drei Stunden hatte ich die mittlere Sitzbank mit drei Plätzen für mich alleine, lege mich quer über die Plätze und versinke in einen unruhigen Schlaf. Die verbliebenen Reisenden sind überwiegend Langzeitreisende: Lukas, der mit seiner Freundin durch Peru und Bolivien reisen will, Delie, die von hier weiter nach Santiago in Chile fliegt, eine Schwedin, für die es noch weiter nach Bolivien geht. Und andere – hauptsächlich junge Menschen – – mit randrandvollen Backpacks. Keiner von denen, mit denen ich hier ins Gespräch komme, hat ein Rückreise-Ticket in der Tasche. Ich habe das Gefühl, dass ich noch viele von ihnen auf meiner Reise treffen werde.

Der Abend mit Bernd, Lukas und Lea klingt bei einem Bierchen auf der Dachtrasse des Explorer's House aus, einem einfachen aber netten Hostel in Miraflores. Die Nacht verbringe ich in einem kleinen Doppelzimmer mit dünnen Wänden und kitschig-bunten Vorhängen. Am Morgen wache ich schon um fünf Uhr auf. Es ist noch dunkel, aber auf den Straßen wird schon wird wild gehupt. Ich bleibe liegen, schnappe mir meinen Notizblock und schreibe ein paar Eindrücke auf, bevor ich doch noch mal für zwei Stündchen vor mich hin döse. Nach einem spärlichen Frühstück holt mich José im Explorer’s House ab. Er arbeitet für Airbus in Bremen und ist gerade auf Familienbesuch in Lima. Der Kontakt kam durch eine Freundin meiner Mutter zustande. Die Möglichkeit einen Tag mit ihm zu verbringen, ein absoluter Glücksfall! Wir spazieren durch Miraflores, entlang der Avenida Principal zum Plaza Kennedy und setzen uns dort in ein Café. Dabei unterhalten wir uns fast ausschließlich auf Spanisch, wechseln nur dann ins Deutsche, wenn ich mit meinem Vokabular mal gar nicht weiter weiß. Er lädt mich am Nachmittag zum Essen mit einem peruanischen Freund ein, den er vor einigen Jahren inein, den er vor einigen Jahren in Bremen kennen gelernt hat, den es aber mittlerweile wieder nach Lima hezogen haen gelernt hat, den es aber mittlerweile wieder nach Lima hezogen hat. Es folgt eine Taxi-Fahrt, die zu erleben mir genauso viel Angst wie Freude bereitet hat, weil sie einfach so verrückt ist. Eine halbe Stunde lang hupen und drängeln wir uns unseren Weg durch den dichten Verkehr Limas, hinter uns das unaufhörliche Rattern des Auspuffs, das jeglichen Versuch eines Gesprächs im Keim erstickt.

Das Restaurant Señor Limón ist schon wieder eines mit deutschem Preisniveau, allerdings weit ab vom Tourismus-Treiben der Pazifik-Promenade der Pazifik-Promenade. Die Preise, die Warteschlange und das moderne Ambiente lassen vermuten, dass es sich bei Señor Limon um ein echtes Gourmet-Restaurant handelt. Auf der Speisekarte stehen Fischgerichte und Meeresfrüchte vom Feinsten. Wir bestellen mehrere Teller, darunter Variationen von Ceviche, rohem Fisch mit Limetten-Marinade. Die peruanische Spezialität wird mit einer scharfen Sauce, Zwiebeln, Süßkartoffeln und gerösteten Mais serviert, dessen Körner drei mal so groß sind wie die, die wir bei uns kennen. Es schmeckt ungewöhnlich, aber sehr gut. Mit den Tellern leeren sich auch meine Adrenalin-Speicher, die seit meiner Ankunft in Peru auf Hochtouren laufen und meine Aufnahmefähigkeit löst sich langsam aber sicher in Teilnahmslosigkeit auf. Die Zeitverschiebung und die Aufregungen des Tages fordern ihren Tribut. Die Rechnung von 175 Soles (etwa 50€) begleicht Victor mit seiner Kreditkarte. Er besteht darauf uns einzuladen und es es macht nicht den Eindruck, als falle ihm das schwer.

Nicht allen Peruaner geht es so gut wie Victor. Die allgemeine Wirtschaftssituation ist heute zwar besser als noch vor zwanzig Jahren, doch wie so oft wird er vermeintlich neu gewonnene Reichtum ungleich verteilt. In Lima wird ein verglastes Hochhaus nach dem anderen gebaut, während sich in den Dörfern auf dem Land immer noch einfache Behausungen und Wellblechhütten aneinander reihen. Die Arbeitslosigkeit bei den jungen Peruanern hier ist hoch. Mit Smartphones und Internet kam die Illusion des Fortschritts, das gesellschaftlich aber keineswegs nur positive Entwicklungen nach sich zog. Korruption und Bestechung sind immer noch weit verbreitet, der Drogenhandel boomt. Seit 2002 gilt Peru als der größte Kokain-Produzent der Welt. Gerade erst wurde in Trujillo eine Lieferung von 7,7 Tonnen des Rauschgifts abgefangen. Ein anderes Problem sind ungeplante Schwangerschaften bei den 13 bis 16-jährigen Jugendlichen, von denen viel zu viele durch unsichere Abtreibungsversuche sterben. Analphabetismus scheint immer noch ein Thema zu sein. Die Regierung versucht verzweifelt der Situation Herr zu werden. An Wänden und Häusern entlang der Panamericana prangen großflächig die Namen der Kandidaten, die Anfang Oktober ins Amt der Regionalvertretungen gewählt wurden: Acuña, Murgia, Sanchez… In blauen und roten Blocklettern stehen sie auf weißem Grund gemalt wie schlechte Graffiti. Es ist die einzige Form von Streetart, die ich in meinen ersten Tagen in meinen ersten Tagen in Peru sehe. Die riesigen Billboards, die sich hoch über Häuser, Fabrikhallen und Kirchen erheben, bleiben den Konzernen vorbehalten. „Estamos viajando contigo“ wirbt der omnipräsente Internet- und Handyanbieter Claro auf einem Banner, an dem wir vorbeifahren, als wir die staubigen Straßen des Dorfes Pacasmayo verlassen. Er wirkt hier seltsam Fehl am Platz.

Die Panamericana ist die ultimative Traumstraße für jeden ambitionierten Road-Tripper. Ein Straßensystem, das sich einmal quer durch den amerikanischen Doppelkontinent von Alaska bis Feuerland zieht. Mich führt die Straße Richtung Norden nach Chiclayo, der viertgrößten Stadt des Landes, etwa 800 km nördlich von Lima. Im Luxus-Doppeldecker mit warmen Abendessen und Frühstück fühle ich mich wie in einer Blase. Die Eindrücke der Welt um mich herum ziehen vorbei wie Bilder aus einem Dokumentarfilm, irgendwie unwirklich und noch gar nicht greifbar.